Der Karlsgarten basiert auf einer Höfe- und Dörferverordnung aus den Jahren 812/813, in der die politische Führung des Landes unter Karl dem Großen ihre Forderungen zur Bewirtschaftung der Höfe formuliert hat. Im 70. Kapitel des ‚capitulare de villis“ wird eine detaillierte Auflistung von 73 Gemüsearten und eine Vielzahl an Obstbäumen allein für den Hofgarten genannt. Darunter sind bekannte Arten wie Möhre, Fenchel, Dill oder Gurke; aber auch heute weitgehend unbekannte Arten wie Zaunrübe, Kuhbohne, Pferdeeppich.
Diese Verordnung aus dem frühen 9. Jahrhundert entstammt der Administration Karls des Großen und ist hinsichtlich der Vorgaben für die Bewirtschaftung von Land, Wald, Wasser und Natur wohl die älteste Verordnung zu Diversität, Vielseitigkeit, Transparenz und Nachhaltigkeit in Deutschland und Teilen Europas. Ein großer Teil des Kapitel 70 beschäftigt sich mit Obstbäumen. Streuobst ist also schon seit mindestens 1200 Jahren ein sehr wichtiges Thema. So lautet z.B. der Originaltext (übersetzt aus dem Lateinischen): „An Bäumen wollen wir, dass vorhanden seien Äpfel verschiedener Sorten, Birnen verschiedender Sorten, Pflaumen verschiedener Sorten, Speierlinge, Mispeln, Edelkastanien, Pfirsiche, verschiedene Sorten Quitten, Haselnüsse, Mandeln, Maulbeeren, Lorbeer, Pinien, Feige, Walnüsse, Kirschen verschiedener Sorten, der Äpfel Namen: Gozmaringer, Geroldinger, Creveldeller, Sperauker, süße, säuerliche, alle Lageräpfel und sofort zu verzehrende Frühäpfel, Birnen haltbare, eine dritte und vierte Sorte, süßere und Kochbirnen und Spätreife“. Das war ein vorbildliches staatliches Diversitätsprojekt (wohlgemerkt: vor über 1200 Jahren (!)).